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30.11.2017

Einzigartige Fachwerkbrücke aus den Angeln gehoben

Eine ganze Brücke komplett aus den Angeln zu heben, ist auch für die Kran- und Schwertransport-Spezialisten der Firma Schmidbauer kein alltägliches Unterfangen: Die historische König-Ludwig-Brücke in Kempten sollte von ihrem Standort über der Iller herausgehoben werden, um sie für die denkmalgerechte Sanierung in eine nahegelegene sogenannte Feldwerkstatt zu verfrachten.

Das historische Holz- und Stahlbautragwerk stammt aus dem Jahr 1851 und ist 120 Meter lang, fünf Meter hoch und vier Meter breit. Vor gut hundert Jahren tuckerten hier in 35 Metern Höhe noch Züge über die Iller. Es handelt sich um die letzte erhaltene Brücke mit Howeträgern in Deutschland. Die Brücke war mittlerweile so marode, dass sie dringend saniert werden musste.
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Königlicher Hub: Im Tandem heben der 750- und der 700-Tonner das Mittelteil


Bewegen = zerlegen
Um ein Bauwerk dieser Dimension sicher zu bewegen, wurde die Brücke zunächst in drei Teile mit 56, 37 und 28 Metern Länge geschnitten. Schmidbauer hatte die Aufgabe, diese Teilstücke von ihrem Standort über dem Fluss einzeln herauszuheben und sicher auf die Transportfahrzeuge zu verladen – und von diesen auch wieder herab zu heben.

Stefan Schmidbauer, Leiter der Abteilung Großkran, weiß aus Erfahrung: „Im Vorfeld ist nicht einzuschätzen, wie sich das Tragwerk der Brücke bei dem Hub genau verhalten wird. Bei solchen Projekten besteht stets die Gefahr, dass sich das Material verzieht oder biegt und im schlimmsten Fall zerbricht. Das Holz des Tragwerks ist ja sanierungsbedürftig, und man muss da sehr umfangreiche Berechnungen anstellen und gut vorbereitet sein.“
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Die Krane wurden auf der parallel verlaufenden Brücke aufgebaut


Vor dem eigentlichen Hub war die König-Ludwig-Brücke bereits „ausgeräumt“ worden, das heißt. Lichtmasten- und Signalanlagen waren abgebaut, Pflastersteine ausgehoben, etc., um die Brücke von unnötigem Gewicht zu befreien. Denn allein das mittlere, größte Stück des Bauwerks sollte nach Schätzungen des Bauamts etwa 111 Tonnen schwer sein. Dieses Mittelstück wurde als erstes mit einem LTM 1750-9.1 von Riga mit 204 Tonnen Ballast und 31,5-Meter-Wippe sowie einem Demag AC700-2 von Wiesbauer mit 160 Tonnen Ballast und 36-Meter-Wippe herausgehoben. Die Mobilkrane waren am Tag zuvor auf der parallel verlaufenden Autobahnbrücke aufgebaut worden und arbeiteten über die Iller hinweg.
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Die Brücke wurde in drei Teile mit 56, 37 und 28 Metern Länge geschnitten


Doch gleich zu Beginn der Arbeiten kam es schon zu Verzögerungen. Stefan Schmidbauer erklärt: „Das Mittelteil ließ sich leider nicht problemlos aus der Verankerung heben, weil alle Teilstücke mehr wogen als geplant. Statt 111 Tonnen brachte allein das Mittelstück 120 Tonnen auf die Waage, und auch die Ost- und Westseite wogen jeweils 40 Prozent mehr als ursprünglich geschätzt.“ Im Tandemhub wurde das Mittelstück zur Zwischenlagerung auf vorher eingemessene Laststützen zwischen die beiden Großkrane gehoben.

Die anderen beiden Elemente wurden jeweils an den darauf folgenden Tagen ausgehoben. Zum Einsatz kamen hier ein LTM 1400-7.1 mit 140 Tonnen Ballast und TY-Mastabspannung sowie LTM 1350-6.1 mit 140 Tonnen Ballast – beide Krane aus der Flotte von Schmidbauer. Mit Nachläufern wurden die gigantischen Einzelteile jeweils auf einen 400 Meter entfernten Parkplatz transportiert, wo die maroden Holzteile der Brücke ausgetauscht werden sollen. Auch auf dem Parkplatz standen die Teleskopkrane bereit, um die Brückenteile vom Transportfahrzeug auf die Lagerfläche zu verheben.

Der Wiedereinbau der Brücke ist für Ostern 2018 angesetzt – der Einhub der restaurierten Teile ist bei Schmidbauer bereits in Planung. Ende des nächsten Jahres soll die König-Ludwig-Brücke dann wieder freigegeben werden.

Hintergrund
Die 1847-1851 errichtete Eisenbahnbrücke aus Holzgitterträgern gilt als einzigartiges Denkmal des frühen Eisenbahnzeitalters und als Zeugnis der Eisenbahnerschließung Bayerns. Die Fachwerkbauweise wurde von dem amerikanischen Ingenieur William Howe entwickelt und ist die einzige verbliebene Brücke in Deutschland nach diesem Muster.

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